Chancen und Herausforderungen im Gesundheitswesen
"Die deutsche Gesundheitswirtschaft ist eine dynamische Wirtschaftsbranche mit hoher Innovationskraft und erheblicher ökonomischer Bedeutung für den Standort Deutschland."
Mit diesen Worten verspricht das Bundesministerium für Gesundheit auf seiner Homepage rosige Perspektiven. Und das nicht unbegründet. Im Gesundheitswesen arbeiten derzeit 5,2 Millionen Menschen, das ist etwa jeder achte Erwerbstätige. Tendenz steigend. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag geht für 2017 von mindestens 140.000 neue Stellen in der Gesundheitswirtschaft aus. Ein Studium im Gesundheitswesen ist von daher sehr aussichtsreich, aber damit stehst du auch sehr großen beruflichen Herausforderungen gegenüber.
Neues Gesundheitsbewusstsein
In den vergangenen Jahrzehnten hat das Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung deutlich zugenommen, wobei viele Konsumentengruppen eine neue, oftmals kritische Einstellung entwickelt haben.
Bio, Wellness und alternative Heilmethoden liegen im Trend, die klassische Medizin wird vermehrt hinterfragt. Themen wie Burnout oder Boreout wurden vor zwanzig Jahren noch belächelt, mittlerweile ging ein Ruck durch die Gesellschaft. Ein gesundes Arbeitsverhältnis rückt in den Fokus. So weiß man mittlerweile auch, dass zum Beispiel Mobbing krank machen kann. Die Band Deichkind schrieb die Textzeilen: „Schenke deinen Urlaub dem Konzern! Trink ein großen Schluck Leistungsdruck!“ Dies trifft zum Glück nicht auf alle Unternehmen zu, denn in vielen Chefetagen und auch bei Arbeitnehmern hat ein Umdenken stattgefunden. Work-Life-Balance ist das neue Zauberwort – und viele Unternehmen wissen, dass sie mit einem ausgeglichenen Arbeits- und Privatleben ihrer Mitarbeiter zufriedenere Mitarbeiter haben – was sich wiederum auf das Betriebsklima und die Gesundheit derselbigen auswirkt.
Dank betrieblichem Gesundheitsmanagement gibt es außerdem ergonomische Büro-Ausstattung, firmeneigene Masseure oder sogar „Terrasse mit Grill“, „Obstkorb“ oder „Kickertisch“ wie in manchen Stellenanzeigen zu lesen ist.
Älter werdende Gesellschaft – weniger Nachwuchskräfte
Trotz des Trends zu den oben erwähnten alternativen Heilmethoden sind Schulmedizin und Pharmaindustrie unverrückbare Größen, die weiterhin ganze Branchen und Berufe prägen. Durch den demografischen Wandel steigt der Bedarf an Ärzten, Pflegern, Gesundheitsmanagern, aber auch an Pharmaprodukten. In der älter werdenden Gesellschaft gibt es weniger qualifizierte Nachwuchskräfte, dafür aber immer mehr Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind.
So verzeichnete das Statistische Bundesamt zum Jahresende 2009 gut 2,3 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland, Ende 2015 waren es etwas mehr als 2,8 Millionen. Diese Entwicklung und der medizinische Fortschritt bringen steigende Ausgaben im Gesundheitssektor mit sich, doch die finanziellen Mittel sind begrenzt.
Knappes Budget, steigende Anforderungen
Aus gutem Grund schießen die Studiengänge im Bereich Gesundheitsmanagement wie Pilze aus dem Boden: Bei der Prävention und der Behandlung von Krankheiten geht es längst nicht mehr nur um medizinisches Wissen. Fachkräfte mit betriebswirtschaftlichem Know-how sind gefragter denn je! Wer Wissen aus beiden Bereichen mitbringt, hat sehr gute berufliche Aussichten.
Der strukturelle Wandel stellt Krankenkassen, Pflegeheime, Kliniken und Co. vor neue Herausforderungen. Medizinische Einrichtungen benötigen effiziente Kostenstrukturen; Fragen wie der Sinn und Nutzen neuer Abrechnungssysteme spielen eine wesentliche Rolle; auch für die faire Verteilung von Ressourcen werden Fachkräfte benötigt.
Zwischen Medizin, Wirtschaft und Politik
Für die finanziellen Entscheidungen ist auch die aktuelle Gesetzgebung relevant beziehungsweise es gilt, auf diese einzuwirken, um die Basis eines funktionierenden Gesundheitssystems zu erhalten und zu verbessern. Akademische Fachkräfte in diesem Bereich benötigen also entsprechendes politisches Hintergrundwissen und müssen über aktuelle Entwicklungen informiert sein. In den vergangenen Jahrzehnten brachte die Gesundheitspolitik zum Beispiel mehrfach neue Reformgesetze hervor, die teils zu herber Kritik führten.
Historische Hintergründe
Bereits ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – mit Beginn der Industrialisierung – wurden Gesundheit und medizinische Versorgung zunehmend auch eine politische Frage. In Deutschland prägte besonders die Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung die Entwicklung des Gesundheitssystems als Ergebnis Otto von Bismarcks Sozialgesetzgebung im Jahr 1883. Seitdem wurde das Gesundheitswesen zunehmend durch Gesetze geregelt, Institutionen wurden gegründet und Zuständigkeiten festgelegt.
Zahlreiche berufliche Wege
Die Dynamik des medizinischen Fortschritts, eine wachsende Vielfalt von gesundheitsbezogenen Produkten, Dienstleistungen und Anbietern, verbunden mit einer steigenden Nachfrage, trugen in den vergangenen Jahrzehnten dazu bei, dass das Gesundheitswesen zu einem bedeutenden Wirtschaftssektor geworden ist. Hier bieten sich mit entsprechendem Studienabschluss unzählige Möglichkeiten in Praxen, Krankenhäusern, Ambulanzen, Behörden, Wohlfahrtsverbänden, Gesundheitsdienstleistern und Unternehmen der freien Wirtschaft.
Wenn es dich also reizt, das komplexe Gebilde aus Zuständigkeiten, Aufgaben, Institutionen, ökonomischen Interessen, ethischen Ansprüchen und rechtlichen Vorgaben zu durchdringen und einen Beitrag zu leisten, bist du hier genau richtig. Denn fest steht, dass die Gesundheit immer ein großes Thema der Menschen sein wird. Bei der Frage nach dem persönlichen Glück rangiert sie ganz weit oben.
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